Informationen zum Insolvenzrecht
Wir möchten den interessierten Besucher unserer Website gern die Möglichkeit geben, sich über einige der Themen zu informieren, die in unserer täglichen Arbeit in der Kanzlei eine Rolle spielen. Das Ziel dieser Texte ist immer ein genereller Überblick, keinesfalls können solch allgemeine Informationen eine Beratung im Einzelfall ersetzen. Als langjährige Experten in der Insolvenzverwaltung und der damit verbundenen Wirtschaftsmediation bildet für uns natürlich das Insolvenzrecht mit all seinen komplexen Facetten das Grundgerüst für unser Vorgehen in den meisten Fällen, die an uns herangetragen werden.
Wenn die Insolvenz droht
Es ist niemanden zu wünschen, dennoch tritt auch bei uns im Rhein-Main-Gebiet trotz guter wirtschaftlicher Lage immer wieder der Fall ein, dass ein Unternehmen oder ein Betrieb nicht mehr in der Lage ist, seine Gläubiger zu bedienen. Die Gründe dafür sind so mannigfaltiger Art, dass sie ein ganz eigenes Kapitel der Betrachtung darstellen und für unsere Arbeit nur im Ausnahmefall eine Rolle spielen. Wenn jedoch einer der Beteiligten am Unternehmen feststellt, dass eine Zahlungsunfähigkeit bzw. Überschuldung des Unternehmens besteht oder zumindest droht, kann oder muss er sogar einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens beim zuständigen Amtsgericht stellen.
Wer kann und wer muss den Antrag stellen?
Dieser Antrag kann entweder von einem der Gläubiger auf den Weg gebracht werden oder muss von den Inhabern bzw. Gesellschaftern des Unternehmens gestellt werden, wenn sich deutliche Hinweise für eine Insolvenz ergeben. Wenn ein Inhaber, Geschäftsführer oder Gesellschafter trotz besseren Wissens diesen Antrag nicht stellt, kann er sich strafbar machen. Sinn und Zweck des Insolvenzverfahrens besteht grundsätzlich darin, dass alle Gläubiger möglichst gemeinschaftlich und im gleichen Maßstab befriedigt werden oder aber dass durch die Erstellung eines Insolvenzplans Regelungen im Interesse des Fortbestehens des Unternehmens gefunden werden.
Die Insolvenzordnung
Grundlage für die Anwendung des Insolvenzrechts bildet die Insolvenzordnung, die im Jahr 1999 die veraltete Konkursordnung ablöste. In der Insolvenzordnung werden zum Beispiel der Ablauf des Verfahrens, die Rechte eines Insolvenzverwalters und die Konsequenzen für die jeweiligen Beteiligten am Insolvenzverfahren festgehalten. Letzteres bedeutet hauptsächlich, wie das vorhandene Vermögen eingeschätzt und verwertet werden kann, wie mit dieser Insolvenzmasse umzugehen ist und wie diese Werte letztendlich auf die Gläubiger verteilt werden können. Diese Insolvenzordnung legt allerdings auch fest, dass vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zunächst einmal geprüft werden soll, ob die Bedingungen für eine Insolvenz auch tatsächlich gegeben sind.
Droht die Insolvenz tatsächlich?
Daher steht vor jedem Insolvenzverfahren zuerst das sogenannte Insolvenzeröffnungsverfahren. Im Zuge dieses Verfahrens wird meistens ein Gutachter damit beauftragt, anhand der Vermögenswerte und Verbindlichkeiten zu ermitteln, ob in diesem Fall tatsächlich eine Zahlungsunfähigkeit vorliegt oder zumindest nicht abwendbar erscheint. Dieser Insolvenzgutachter prüft weiterhin die rechtlichen und geschäftlichen Verhältnisse des Unternehmens und hält in seinem Gutachten fest, ob sich Anzeichen finden lassen, dass die Vermögenswerte bedroht sind oder weitere Faktoren eine Sanierung behindern oder sogar ausschließen können.
Ein vorläufiger Insolvenzverwalter
Liegen solche Hinweise vor, kann das Gericht noch vor der Eröffnung des eigentlichen Insolvenzverfahrens eine vorläufige Insolvenzverwaltung anordnen. Das geschieht vor allem, damit der Geschäftsbetrieb weiterlaufen kann und nicht durch plötzliche Vermögensverluste riskiert wird. Damit geht dann logischerweise auch eine Beschränkung der freien Verfügung des Schuldners über die Vermögenswerte einher. Der Gutachter ist in der Regel ein erfahrener Fachanwalt für das Insolvenzrecht, der dann auch mit den Aufgabe des vorläufigen Insolvenzverwalters betraut wird.
Änderungen für die Geschäftsführung
Wenn sich der vorläufige Insolvenzverwalter an der rechtlichen und wirtschaftlichen Steuerung des Unternehmens beteiligt, bringt das für die Geschäftsführung die einschneidende Beschränkung mit sich, dass kein entscheidender Vorgang mehr ohne die Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters getroffen werden darf. In Ausnahmen kann bei der sogenannten “starken” vorläufigen Insolvenzverwaltung die gesamte Entscheidungskompetenz in die Hände des Verwalters gelegt werden. Im Regelfall wird jedoch die Geschäftsführung die Arbeit in Absprache mit dem Verwalter fortsetzen.
Aufgaben und Regelungen der Insolvenzverwaltung
Die Entscheidung des Gerichts, ob ein Insolvenzverfahren eröffnet wird, kann einige Monate in Anspruch nehmen. Dazu gehört auch die Prüfung, ob die Kosten dieses Verfahrens überhaupt von der Konkursmasse gedeckt sind. Dann wird aus dem vorläufigen Insolvenzverwalter meist der ordentliche Insolvenzverwalter, denn dieser hat sich in der Zwischenzeit gründlich in die Belange des Unternehmens einarbeiten können. Zu seinen Aufgaben gehört dann insbesondere
- die genaue Erfassung und Inbesitznahme der Vermögenswerte des Unternehmens inklusive aller dazugehörigen Sachwerte wie zum Beispiel Maschinen
- die Aufstellung eines Gläubigerverzeichnisses mit genauer Erfassung der jeweiligen Ansprüche
- die Verteilung der Vermögenswerte unter den Gläubigern nach den Vorschriften der Insolvenzordnung.
Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens treten Regelungen in Kraft, die das Vermögen der Firma schützen sollen. So entfallen zum Beispiel alle in Gang gesetzten Zwangsvollstreckungen und Beschlagnahmungen sogar rückwirkend bis zu einem Monat vor Stellung des Antrags.
Insolvenzplan und Regelinsolvenz
Bei der Arbeit des Insolvenzverwalters stehen aber immer auch die Ansprüche und Bedürfnisse der Arbeitnehmer im Vordergrund. Seit 2017 sind die Lohn- und Gehaltsansprüche der Arbeitnehmer für 90 Tage vor Anfechtung geschützt, ab dieser Frist steht das sogenannte Insolvenzgeld zur Verfügung. Im Interesse der Arbeitnehmer bemüht sich der Insolvenzverwalter darum, dass der Betrieb fortgesetzt werden kann, sofern dies wirtschaftlich vertretbar ist. Dazu gehört das Ziel, das Unternehmen möglichst als Ganzes zu verkaufen oder zumindest die wirtschaftlich arbeitenden Bestandteile zu erhalten. Im Interesse der Geschäftsfähigkeit steht dem Insolvenzverwalter sogar ein gewisses Auswahlrecht zu, welche Gläubigerinteressen er wie bedient. Mit der Aufstellung eines Insolvenzplans kann der Verwalter die Verhandlungen mit den Gläubigern aufnehmen, dass sie zur Sanierung des Unternehmens auf einen Teil ihrer Forderungen verzichten. Wenn sich jedoch abzeichnet, dass eine Weiterführung der Geschäfte nicht in Frage kommt, werden im Zuge der Regelinsolvenz alle Vermögenswerte durch Verkauf oder Versteigerung flüssig gemacht und unter den Gläubigern verteilt. Der Insolvenzverwalter kümmert sich aber auch um die bestehenden Rechte und Ansprüche des Schuldners und vertritt ihn zu ihrer Wahrung vor Gericht.