Haftungsrisiken für Geschäftsführer reduzieren
Die Haftungsrisiken für Geschäftsführer auch mittelständischer und kleinerer Unternehmen haben deutlich zugenommen. Das Gesetz stellt strenge Pflichten- und Sorgfaltsansprüche, der Geschäftsführer steht auch bereits bei leichter Fahrlässigkeit in der Haftung. Daher ist es empfehlenswert, dass sich Geschäftsführer einer GmbH bereits frühzeitig mit möglichen Haftungsrisiken beschäftigen und sich nach Möglichkeit absichern bzw. vorbeugende Maßnahmen treffen.
- Zunahme der Schadensersatzforderungen gegen Geschäftsführer
- Die Business Judgement Rule als (vermeintlich) sicherer Hafen
- Bestehende Enthaftungsmöglichkeiten
- Gründliche Dokumentation als Voraussetzung
Zunahme der Schadensersatzforderungen gegen Geschäftsführer
Die messbare Zunahme der Schadensersatzfälle in den letzten 20 Jahren wird verschiedenen Einflüssen zugeschrieben. Öffentlichkeitswirksame “große” Schadensersatzfälle und die anhaltende Diskussion über die Höhe von Managementgehältern haben zu einer gewissen Meinungsbildung in der Gesellschaft beigetragen. In der Rechtsprechung spiegelt sich diese insofern wider, als dass wegweisenden Urteilen mehr Beachtung geschenkt wird. Als Beispiel mag die ARAG/Garmenbeck-Entscheidung“ des BGH aus dem Jahr 1997 (BGHZ 135, 244) gelten. In dieser wurden die Aufsichtsräte verpflichtet, Ansprüche der Gesellschaft gegen Vorstände einzuklagen, um nicht selber ins Risiko einer Haftung zu geraten. Im Zuge dieser sich verändernden Kultur breiteten sich auch in Deutschland spezielle US-amerikanische Versicherungen aus.
Die D&O Versicherungen
Die Directors and Officers Versicherungen (D&O) ersetzen unter gewissen Umständen Schäden für die Gesellschaft, die durch das Handeln des Geschäftsführers entstanden sind. Diese Schäden können immense Höhen erreichen, die selbst ein beträchtliches Privatvermögen um ein Vielfaches übersteigen können. In dem die Gesellschaften zunehmend solche D&O Versicherungen für ihre Geschäftsführer abschließen, wird somit nicht nur dessen Person, sondern vielmehr das Unternehmen abgesichert. Es sind daher auch solche Absicherungen, die die Gesellschaften zur Aufnahme eines Verfahrens gegen den ehemaligen Geschäftsführer motivieren.
Die Versicherung streckt dabei im Allgemeinen bereits die entstehenden Prozesskosten für den Geschäftsführer vor und stellt damit eine gewisse Ausgewogenheit her. Jedoch hängt es erheblich von der Art der Police ab, worauf sich die Haftung bezieht, welche Höchstsummen gelten und ob sich der Versicherungsschutz auch auf grob fahrlässiges Verhalten erstreckt oder sogar bei strafrechtlichen Ermittlungen wirksam wird. Allein die Höhe des durchaus üblichen Selbstbehalts wird in der Regel ein erheblicher Anreiz für den Geschäftsführer sein, ein mögliches Fehlverhalten von sich zu weisen.
Die Business Judgement Rule als (vermeintlich) sicherer Hafen
Die sogenannte Business Judgement Rule soll als Ausgleich einen gewissen Freiraum schaffen, mit dem die Haftung des Geschäftsführers bei unternehmerischen Entscheidungen beschränkt ist. Dies gilt, wenn der Geschäftsführer nachweisen kann, dass er sich zum Zeitpunkt der Entscheidung hinreichend informiert hatte und in der Angelegenheit unbefangen war. Doch das stellt sich in der Praxis nicht immer leicht dar. In der Regel beträgt die Verjährungsfrist für mögliche Schadensersatzansprüche fünf Jahre. Gesellschaften gehen immer häufiger dazu über, Geschäftsführer nach ihrem Ausscheiden aus der Gesellschaft für leichte oder grobe Fahrlässigkeit haftbar machen zu wollen. Dieses Vorgehen erschwert die Abwehr der Haftungsansprüche für den ehemaligen Geschäftsführer. Im Zuge der Beweislastumkehr gemäß § 93 Abs. 2 Satz 2 AktG reicht es, wenn die Gesellschaft eine Pflichtwidrigkeit darlegt, die zu einem geltend gemachten Schaden geführt hat. Es obliegt dann dem ehemaligen Geschäftsführer nachzuweisen, dass er nicht pflichtwidrig oder schuldhaft gehandelt. Dieser Nachweis wird erheblich erschwert, wenn durch das Ausscheiden aus der Gesellschaft kein Zugriff auf alle entsprechenden Unterlagen mehr besteht.
Im Falle eines Verfahrens
In der Rechtsprechung werden dem Geschäftsführer daher Einsichts- und Auskunftsrechte zugesprochen, die sich speziell auf die zu seiner Verteidigung nötigen Unterlagen beziehen. Jedoch müssen in Praxis diese Unterlagen erst einmal genau bezeichnet und aufgefunden werden, was eine äußerst genaue Dokumentation des Geschäftsführers während seiner Dienstzeit voraussetzt. Gelingt es dem Geschäftsführer während der Verhandlung plausible Anhaltspunkte vorzutragen, die für seine Entlastung sprechen, gilt die sogenannte abgestufte Darlegungs- und Beweislast. Es ist dann an der Gesellschaft die Aussagen des Geschäftsführers mittels einer sekundären Beweislast zu erschüttern. Jedoch hat die Gesellschaft durch den unbegrenzten Zugriff auf die Unterlagen und die Hinzuziehung von Sachverständigen hier deutlich mehr Möglichkeiten als der Beklagte. Schon allein, um den häufig enormen psychischen Belastungen eines solchen Verfahrens vorzubeugen, sollte sich ein Geschäftsführer schon vor Beginn seiner Tätigkeit auf die möglichen Risiken einstellen.
Bestehende Enthaftungsmöglichkeiten
Das beginnt bereits mit der Satzung der betreffenden Gesellschaft und natürlich dem Vertrag auf dessen Grundlage der Geschäftsführer seine Tätigkeit ausüben wird. In beiden Dokumenten kann das Thema der möglichen Haftung des Geschäftsführers dahingehend behandelt werden, dass sich die Haftung nur auf grob fahrlässiges Verhalten beschränkt. Jedoch sieht sich der Geschäftsführer dabei vor die schwierige Aufgabe gestellt alle Gesellschafter von solch einer Regelung zu überzeugen.
Das betrifft auch andere mögliche Absicherungen für den Geschäftsführer wie zum Beispiel das umfassende Recht auf Einsichtnahme in Unterlagen nach dem Ausscheiden oder gar die Anfertigungen von Kopien. Bereits bei Vertragsschließung kann allerdings nach § 43 Abs. 2 GmbH eine Klausel aufgenommen werden, nach der der Geschäftsführer nur bis zu einer bestimmten Summe haftbar gemacht werden kann. Dieses gilt jedoch nicht bei grob fahrlässigem oder vorsätzlichem Handeln.
Die Entlastung durch die Gesellschaft
Je nach Satzung der Gesellschaft kann der Geschäftsführer die jährliche Entlastung mit dem Ausschluss von Schadensersatzansprüchen verbinden und damit zumindest den fraglichen Zeitraum begrenzen. Das betrifft natürlich nicht die weitgehenden gesetzlichen Pflichten und Rechte von Geschäftsführer und Gesellschaft. Die Gültigkeit einer solchen Entlastung setzt allerdings voraus, dass der Entlastungsbeschluss durch die Gesellschafter auf einer Informationsbasis beruht, die die später umstrittenen Entscheidungen beinhaltet. Solch eine Entlastung kann als Enthaftungsmöglichkeit auch im Rahmen einer Ausscheidungsvereinbarung formuliert werden, in die eine umfassende Abgeltungsklausel aufgenommen wird. Insofern bei der Unterzeichnung dieser Ausscheidungsvereinbarung zumindest ein beauftragter Bevollmächtigter als Vertreter für die Gesellschaft zugegen ist, kann auch hiermit ein späteres Risiko für den Geschäftsführer reduziert werden.
Gründliche Dokumentation als Voraussetzung
In jedem Fall ist für den Geschäftsführer eine ständige umfassende Dokumentation aller geschäftlich relevanten Entscheidungen ratsam. Dies betrifft vor allem die Informationslage, auf die sich der Geschäftsführer bei seinen Entscheidungen verlassen hat, denn dieser Nachweis ist eine maßgebliche Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Business Judgement Rule.
Des Weiteren lassen sich nur mit einer gründlichen Dokumentation im Falle einer Klage auch noch Jahre später die Dokumente benennen und auffinden, die zur Entlastung des Geschäftsführers beitragen können. Ein weiterer Punkt ist die Hinzuziehung eines auch externen Sachverständigen, wenn es um Entscheidungen geht, die die Sachkenntnis des Geschäftsführers übersteigen. Auch in diesem Fall kann eine gründliche Dokumentation zur späteren Entlastung beitragen.
Aufteilung der Haftung für mehrere Geschäftsführer
In vielen Gesellschaften werden mehrere Geschäftsführer bestellt, die sich die Arbeit in verschiedene Ressorts teilen. Diese Aufteilung sollte jedenfalls in der Geschäftsordnung als haftungsbegrenzend vereinbart werden, da sonst alle Geschäftsführer sozusagen als Gesamtschuldner verantwortlich sind. Diese Gesamthaftung gilt jedoch auch, wenn die Geschäftsführer einen Verdacht haben müssen, dass in einem anderen Ressort etwas grundlegend schief läuft, insbesondere in Bezug auf steuerliche und sozialversicherungsrechtliche Belange oder bei schwerwiegenden geschäftlichen Fehlentscheidungen.
Falls sich für Sie weitere Fragen in dieser komplexen Materie ergeben, stehen wir Ihnen gerne beratend zur Verfügung.