Ausgleichsanspruch für Vertragshändler?
Anders als beim Handelsvertreter gibt es für den Vertragshändler keine gesetzlichen Regelungen bezüglich der Definition und Beschreibung seiner Tätigkeit. Zwar unterscheiden sich die Verhältnisse von Handelsvertreter und Vertragshändler in einigen wesentlichen Merkmalen in ihrer geschäftlichen Beziehung zum Unternehmer bzw. Hersteller. Doch werden in der Rechtsprechung die Regelungen zum Schutz der Rechte des Handelsvertreters häufig im übertragenen Sinne auch für den Vertragshändler angewendet.
Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters
Der Handelsvertreter schließt als selbständiger Unternehmer Geschäfte im Namen eines anderen Unternehmens ab. Falls er im Laufe seiner Tätigkeit im deutlichen Maße zum geschäftlichen Erfolg und damit Gewinn des anderen Unternehmens beigetragen hat, steht ihm dafür nach Beendigung des Vertragsverhältnisses nach § 89b Handelsgesetzbuch ein finanzieller Ausgleich zu. Die Bedingungen dafür und die Bemessung der Höhe sind eindeutig geregelt. In unserer News “Der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters” haben wir uns bereits näher mit diesem Thema beschäftigt. Wie verhält es sich aber beim Vertragshändler? Dazu ist es ratsam, zunächst einmal die Unterschiede zwischen beiden Tätigkeiten herauszuheben.
Unterschiede beim Vertragshändler
Der Vertragshändler ist ein eigenhandelnder Kaufmann, der auf eigenes Risiko und auf eigene Rechnung Waren z.B. eines Markenherstellers von diesem kauft und selbständig weiterverkauft. Dabei kann er ein eigenes Unternehmen führen und z.B. auch auf eigene Kosten ein Lager unterhalten. Kennzeichnend für seine Tätigkeit als Vertragshändler ist eben der Vertrag mit dem Hersteller, in dem die Art und das Ausmaß der geschäftlichen Beziehung geregelt ist. Dabei steht vor allem die Dauerhaftigkeit und die Eingliederung in die Vertriebsorganisation des Herstellers im Mittelpunkt. Er verpflichtet sich den Absatz der Waren in dem ihm zugeordneten Gebiet zu fördern und die Funktionen in seiner Organisation danach auszurichten. Im Geschäftsverkehr wird er mit eigenem Namen fungieren, jedoch den Namen des Herstellers besonders herausstellen.
Häufig dienen die Abkommen zwischen Vertragshändler und Hersteller dazu, den Vertrieb in speziellen Regionen und vor allem im Ausland zu fördern oder überhaupt erst zu ermöglichen. Dabei trägt der Vertragshändler alle Absatz- und Kreditrisiken. Je nach Vertragsgestaltung unterliegt er oftmals auch einer Mindestabnahmeverpflichtung. Andererseits werden ihm häufig Alleinvertriebsrechte für ein gewisses Gebiet zugesichert. Da, wie erwähnt, die Tätigkeit und der Schutz des Vertragshändlers nicht gesetzlich geregelt ist, muss umso mehr Gewicht auf eine sorgfältige Vertragsgestaltung zwischen Hersteller und Vertragshändler geachtet werden. Das gilt umso mehr für die sogenannten Alleinvertriebsverträge. Entsprechend häufig sind gerichtliche Auseinandersetzungen, die sich vor allem mit Problemen beschäftigen, die sich bei Beendigung der geschäftlichen Beziehung ergeben.
Wichtige Punkte für die Vertragsgestaltung
Bei den Vertragsverhandlungen zwischen Hersteller und Vertragshändler sollten u.a. folgende Punkte eindeutig geklärt und genau beschrieben werden.
- Besteht ein Alleinvertretungsanspruch für ein bestimmtes Gebiet oder einen definierten Kundenkreis? Die Bezeichnung Generalvertreter allein hat keine rechtswirksame Gültigkeit. Ohne eine solche vertragliche Regelung kann der Hersteller weitere Vertragshändler im entsprechenden Gebiet verpflichten.
- Wie genau lauten die Pflichten des Vertragshändlers in Bezug auf den Hersteller und seine Waren bzw. Produkte? Dazu gehören z.B. die Interessenwahrnehmung für den Hersteller, eine mögliche Berichtspflicht oder die Reklamationsbearbeitung.
- Sind die Produkte genau und vollumfänglich beschrieben? Wie wird die Herausnahme oder Erweiterung von Produkten geregelt?
- Gibt es im definierten Kundenkreis bzw. Verkaufsgebiet bereits bestehende geschäftliche Beziehungen zwischen Hersteller und Kunden? Wie werden diese nach Beginn der Tätigkeit des Vertragshändlers geregelt?
- Dürfen der Hersteller oder unabhängige Händler die gleichen Produkte im zugesprochenen Gebiet oder im definierten Kundenkreis verkaufen?
- Wie ist eine mögliche Mindestabnahme oder ein möglicher Mindestumsatz geregelt? Welches sind die Folgen bei Nichteinhaltung dieser Vereinbarungen?
- Im Zusammenhang damit: Besteht die Pflicht zu einer Lagerhaltung? Gibt es Regelungen über die Rückgabe bzw. den Umtausch von Produkten?
Der Rahmenvertrag zwischen Hersteller und Vertragshändler wird als Dauerschuldverhältnis gestaltet. Er enthält sowohl kaufmännische als auch Dienstleistungs-Elemente. Deswegen kommt dem Grundsatz von Treu und Glauben eine gesteigerte Bedeutung zu, da zwischen den Vertragsparteien ein spezielles Vertrauensverhältnis vorausgesetzt wird. In jedem Fall sollten aber die den generellen Rahmenvertrag zwischen Hersteller und Vertragshändler betreffenden Punkte noch um eindeutige Vereinbarungen ergänzt werden, wie nach Ende der Vertragsbeziehung vorzugehen ist. Dazu gehört neben anderem ebenso die Möglichkeit und Art und Weise der Rücknahme bereits gekaufter Waren z.B. bei Lagerauflösung wie auch der Umgang mit dem Kundenkreis, den der Vertragshändler im Zuge seiner Tätigkeit geschaffen bzw. erweitert hat. Die jeweilige Formulierung kann entscheidenden Einfluss auf spätere Rechtsstreitigkeiten haben.
Kein Ausgleichsanspruch ohne Gewinnmöglichkeit für den Hersteller
Speziell zum letztgenannten Punkt hat der Bundesgerichtshof in einem Urteil vom 5. Februar 2015 (VII ZR 315/13) ein deutliches Urteil gefällt. Analog zum Ausgleichsanspruch für Handelsvertreter hatte ein Vertragshändler auf einen ihm zustehenden Ausgleich geklagt, da ihm nach Beendigung seiner Tätigkeit seine Einnahmequelle weggebrochen wäre. Hierfür stand jedoch die Vertragsgestaltung zwischen Hersteller und Vertragshändler im Wege. Der Vertragshändler des Herstellers nahm an einem Kundenbetreuungsprogramm teil, das ihm den Vertrieb der Produkte in seinem Gebiet ermöglichte bzw. ihn dabei unterstützte. Beide Parteien hatten vertraglich festgelegt, dass die dem Hersteller überlassenen Daten über den Kundenstamm des Vertragshändlers nach Beendigung der Teilnahme am Kundenbetreuungsprogramm zu sperren und ihre Nutzung einzustellen wäre. Auf Verlangen des Vertragshändlers war der Hersteller sogar verpflichtet, diese Daten zu löschen. Allein das Vorhandensein dieser Klausel reichte dem Bundesgerichtshof letztendlich aus, um im o.a. Urteil dem Vertragshändler einen Ausgleich zu verwehren. Denn wie in den gesetzlichen Regelungen zum Schutz des Handelsvertreters vorgesehen, dient der Ausgleich dazu, den Handelsvertreter oder hier analog den Vertragshändler dafür zu entschädigen, dass der Hersteller bzw. Unternehmer sofort und vollumfänglich weiterhin Gewinn aus dem Kundenstamm ziehen kann. Besteht diese Möglichkeit laut Vertrag zwischen den Parteien nicht, entfällt damit auch ein möglicher Ausgleichsanspruch.
Falls Sie weitere Fragen zum Verhältnis zwischen Handelsvertreter bzw. Vertragshändler zum Unternehmer bzw. Hersteller und einer entsprechenden Vertragsgestaltung haben, stehen wir Ihnen in der Kanzlei jederzeit gerne zur Verfügung.